Österreichische AIDS Gesellschaft · info@aidsgesellschaft.at
© Österreichische AIDS Gesellschaft 2012 – 2024
Im Folgenden sind Basis-Informationen zu HIV in Kürze zusammengefasst.
Was ist HIV?
HIV steht für „human immunodeficiency virus“. Es handelt sich um ein Retrovirus, welches bestimmte Zellen des menschlichen Immunsystems befällt, insbesondere CD4-positive T-Zellen und Makrophagen. Diese spielen eine essentielle Rolle in der Immunabwehr des Körpers. CD4-Zellen organisieren die Immunantwort und fördern die Entstehung von Antikörpern. Makrophagen (auch Fresszellen genannt) nehmen Viren und andere Fremdkörper in sich auf, um sie unschädlich zu machen.
Sobald ein HI-Virus in die Zellen eingedrungen ist, beginnt es sich in den Zellen zu vermehren. Infolge dessen werden die Zellen selbst zerstört. Zusätzlich kann das Immunsystem diese Zellen als infiziert erkennen und eliminiert sie zum Eigenschutz. Das Resultat der unbehandelten HIV-Infektion ist somit der Verlust dieser Immunzellen und einhergehend eine verminderte Funktionsfähigkeit des Immunsystems.
Die akute HIV-Infektion
Vor allem zu Beginn der Infektion können sich die HI-Viren rasant vermehren und die Menge der Viren im Körper (Viruslast) steigt schnell an. In dieser ersten akuten Infektionsphase treten häufig unterschiedliche Symptome wie z.B. Fieber, Durchfälle, Kopfschmerzen Müdigkeit oder Hautausschlag auf. Sehr selten können zusätzlich bereits in diesem Stadium der Infektion Folgeerkrankungen einer Immunschwäche, wie Pilzinfektionen an Schleimhaut von Mund und Speiseröhre oder bestimmte Lungenentzündungen, auftreten. Abgesehen von letzteren Komplikationen, ist jedoch kein einziges Symptom oder Symptom-Kombination wirklich typisch und so bleibt die HIV-Infektion ob dieser unspezifischen und „Grippe-ähnlichen“ Symptomatik oft unerkannt, zumal die Symptome selbständig wieder abklingen.
Das Wiedererlangen einer Beschwerdefreiheit ist mit der Formierung einer spezifischen Immunantwort assoziiert und geht mit einer Reduktion der Viruslast auf ein individuell unterschiedliches Niveau einher.
Klassische HIV-Antikörpertests können in dieser frühen Phase keine aussagekräftigen Ergebnisse erbringen, womit für die besonders frühe Diagnose der Infektion eine individuelle Risikoanamnese und der Einsatz einer PCR als Testverfahren entscheidend sind. Nur wenige Wochen nach dem Infektionsereignis sind jedoch auch bereits moderne Antikörper-Antigen-Kombinationstest einsetzbar.
Auf Grund der sehr hohen Viruslast während der akuten HIV-Infektion in Kombination mit dem Risiko einer nicht gestellten Diagnose, sind insbesondere Transmissionen während dieser Phase für einen erheblichen Anteil an Neuinfektionen verantwortlich.
Natürlicher Verlauf einer HIV-Infektion
Nach der akuten Infektionsphase (falls symptomatisch = akutes retrovirales Syndrom) folgt eine Phase von mehreren Jahren, die bei den meisten Menschen mit HIV asymptomatisch verläuft.
Erst mit dem fortschreitenden Verfall des Immunsystems durch eine unbehandelte HIV-Infektion steigt die Viruslast wieder an und opportunistische Infektionen oder Malignome können nicht mehr abgewehrt oder kontrolliert werden. Der Zeitpunkt des Auftretens dieser Erkrankungen ist individuell verschieden. Diese Erkrankungen treten üblicherweise bei immungesunden Menschen nicht auf und sind eine unmittelbare Folge eines geschwächten Immunsystems. In Folge der langen asymptomatischen Phase erhält ein nicht unwesentlicher Anteil der Menschen mit HIV den Befund „HIV-positiv“ erst viele Jahre nach dem eigentlichen Infektionsereignis mit bereits fortgeschrittener Infektion (late presenter s.u.) und dementsprechend ungünstiger Prognose. In seltenen Fällen wird jedoch auch beobachtet, dass Menschen mehr als 15 Jahre ohne Einschränkungen und ohne Therapie mit der HIV-Infektion leben können (elite controllers, long-term nonprogressors).
Was ist AIDS?
AIDS steht für „acquired immune deficiency syndrome” und ist die Folge einer Infektion mit HIV. Ohne Behandlung entwickeln sich meist etwa 8 bis 12 Jahre nach der HIV-Infektion sogenannte AIDS-definierende Erkrankungen. Zu diesen opportunistischen Infektionen und Malignomen zählen z.B. die Pneumocystis jirovecii Pneumonie (eine besondere Form der Lungenentzündung), andere systemische Pilzinfektionen (Candida, Kryptokokkus etc.), M. Kaposi oder primäre ZNS Lymphome. Das Risiko AIDS-definierenden Erkrankungen zu erleiden steigt drastisch an, wenn die Anzahl der CD4-Zellen unter 200/µl Blut gefallen ist.
In Europa wird die Diagnose AIDS gestellt, sofern bei Menschen mit HIV eine solche AIDS-definierende Erkrankung auftritt. In den USA z.B. führt zusätzlich ein Abfall der CD4-Zellen unter 200/µl Blut auch ohne gleichzeitige AIDS-definierende Erkrankung zur Diagnose.
Individuell kann die Diagnose AIDS für die einzelnen Menschen mit HIV als rückgestuft betrachtet werden, sofern die AIDS-definierende Erkrankung erfolgreich therapiert und/oder ein Anstieg der CD-Zellzahl erreicht ist. Im Regelfall bleibt der Nadir (niedrigster jemals gemessener CD4-Wert) dennoch individuell weiterhin vermerkt, da sich mitunter Langzeitprognosen ableiten lassen. In der epidemiologischen Statistik ist eine Rückstufung nicht möglich, hier bleibt die jeweils ungünstigste Diagnose bestehen, unabhängig der aktuell bestehenden Situation.
Hier finden Sie eine Liste der AIDS-definierenden Erkrankungen der CDC
Übertragung und Infektiösität
Die Übertragung von HIV erfolgt über Kontakt zu infektiösen Körperflüssigkeiten, wobei sich die höchsten Viruskonzentrationen in Sperma und Blut finden. Transmissionen erfolgen somit im Wesentlichen über ungeschützten Geschlechtsverkehr oder über das gemeinsame Verwenden von Utensilien für den intravenösen Drogengebrauch. Gleichfalls ist die Übertragung von einer Mutter auf das Neugeborene (sowohl während der Schwangerschaft, als auch bei der Geburt oder beim Stillen) möglich. Andere potenzielle Übertragungswege sind selten und mitunter nur in Einzelfällen dokumentiert.
Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung wird dabei von einer Reihe an unterschiedlichen Parametern beeinflusst. Die ausschlaggebende Rolle spielt hier die Viruslast.
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Übertragungswahrscheinlichkeit mit der Höhe der Viruslast korreliert. Moderne antiretrovirale Therapien reduzieren diese bis unter die Nachweisgrenze, welche in der Literatur zumeist mit 50 Kopien/ml angegeben wird. Inzwischen ist international von allen führenden Expert*innen anerkannt, dass bei einer Viruslast unter der Nachweisgrenze eine Übertragung von HIV auf sexuellem Weg ausgeschlossen ist. Die Gültigkeit dieses Prinzips, kurz „U=U“ genannt (undetectable = untransmittable; nicht nachweisbar = nicht übertragbar), ist durch zahlreiche Studien abgesichert und von der Weltgesundheitsorganisation und den Fachgesellschaften anerkannt.
Eine Zusammenfassung einiger Studien finden Sie hier U=U: Studienüberblick
HIV-Tests
Für den Nachweis einer HIV-Infektion stehen unterschiedliche diagnostische Verfahren zur Verfügung,
welche je nach Situation und potenziellem Risiko eingesetzt werden können.
HIV-Screening-Test:
Bereits seit einigen Jahren werden HIV-Screening-Tests der 4. Generation angewendet, welche gleichzeitig HIV 1/2-Antikörper und das HIV-1-Antigen detektieren, das bereits nach sieben bis zehn Tagen positiv wird. Durch diese sogenannten HIV-Combo-Tests kann bereits zwei Wochen nach einer möglichen Exposition eine Infektion nachgewiesen werden. (Die Antikörper gegen HIV- 1 oder HIV-2 werden erst nach etwa vier Wochen positiv.)
Sofern ein substanzielles Risiko bestanden hat und ein zwei Wochen nach dem Ereignis durchgeführter Screeningtest negativ sein, ist eine Wiederholung zum vollständigen Ausschluss einer Infektion nach 4 Wochen zu empfehlen.
Um die Kommunikation zu erleichtern, wird hier oftmals ein Zeitraum von sechs Wochen als sogenanntes diagnostischen Fenster angegeben. Es wird in diesem Fall also nicht der frühestmögliche Zeitpunkt angegeben, an dem eine Infektion nachgewiesen werden kann, sondern der Zeitpunkt, an dem sie ausgeschlossen werden kann.
Ein positives Testergebnis muss durch einen weiteren Test bestätigt werden, bevor die Diagnose HIV kommuniziert werden darf. Zusätzlich ist eine zweite Blutabnahme gesetzlich vorgeschrieben, um eine Verwechslung der Proben auszuschließen.
HIV-Schnelltest:
Für dieses Testsystem ist bereits eine minimale Blutmenge, wie sie etwa der Fingerbeere zu entnehmen ist, ausreichend. Nach Auftragen der Probe auf einen Teststreifen, kann nach etwa 15 Minuten ein Ergebnis abgelesen werden. Ansonsten entspricht der Test den oben genannten 4. Generations-ELISA-Tests und detektiert somit auch HIV-1/2-Antikörper und das HIV-1- Antigen.
HIV-Selbsttest:
Der HIV-Selbsttest ist eine spezielle Art der HIV-Schnelltests und ausschließlich ein Antikörpertest, detektiert also kein Antigen. Die Probenentnahme kann hierbei selbständig erfolgen, wodurch der Test auch Heim-Test genannt wird. In Österreich ist der Selbsttest seit 2018 in Apotheken rezeptfrei erhältlich. Es gilt der zeitliche Abstand von zwölf Wochen zum letzten Risiko, bevor ein Ergebnis aussagekräftig sein kann. Bei unklarem oder reaktivem Ergebnis ist der Test unbedingt durch ein anderes Testverfahren zu wiederholen.
HIV-PCR-Test:
Die PCR (Polymerase Chain Reaction) ist ein direkter Virusnachweis durch quantitative Detektion viraler Genomkopien und somit Messung der Viruslast. Durch den höheren Kostenaufwand werden PCR-Tests nicht als breite Screeningtests eingesetzt. Sie können jedoch bereits ab einer Woche nach Exposition eine Infektion zuverlässig feststellen, häufig findet sich eine Angabe von 12-14 Tage als diagnostisches Fenster.
Regulär werden die PCR-Tests bei Statuskontrollen in der Betreuung von Menschen mit HIV eingesetzt, um die Viruslast zu bestimmen und den Therapieerfolg zu bewerten.
HIV Indikatorerkrankungen
Es gibt mehrere Situationen, in denen von medizinischer Seite unabhängig der Fachrichtung ein HIV-Test angeboten, bzw. durchgeführt werden sollte:
Insbesondere letztere können unter dem Überbegriff „Leitsymptome und Indikatorerkrankungen als Hinweis für HIV“ im nicht-spezialisierten medizinsichen Bereich eine Rolle spielen. Durch Aufmerksamkeit gegenüber diesen Konditionen, können alle Kolleg*innen einen wesentlichen Beitrag leisten, HIV-Infektionen früher zu diagnostizieren.
Somit können einerseits Menschen mit HIV individuell vom signifikanten Benefit einer frühzeitg eingeleiteten HIV-Therapie profitieren. Andererseits hat die effektive Therapie direkten Einfluß auf die Übertragungswahrscheinlichkeit und damit auf Inzidenz und Prävalenz.
AIDS-definierende Erkrankungen
In Folge einer untherapierten HIV-Infektion kommt es zu einem Abfall der CD4-positiven T-Zellen. Die resultierende Immundefizienz ermöglicht die Manifestation spezieller Erkrankungen, auch opportunistische Erkrankungen genannt. Bei Diagnose solcher Erkrankungen ist eine vorliegende HIV-Infektion auszuschließen und ein HIV-Test daher ausdrücklich empfohlen. Hierzu zählen z.B. eine Pneumocystis-Pneumonie oder eine Candidose der Speise- oder Luftröhre.
Erkrankungen mit höherer Wahrscheinlichkeit einer undiagnostizierten HIV-Infektion
Einige Erkrankungen stehen nicht in Zusammenhang mit einem fortgeschrittenen Immundefekt, sind jedoch mit einer statistisch erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine undiagnostizierte HIV-Infektion verbunden. Das Angebot eines HIV-Tests ist daher sinnvoll. Hierzu zählen etwa alle anderen sexuell übertragbaren Infektionen.
Erkrankungen mit Behandlungsnachteil bei untherapierter HIV-Infektion
Manche Erkrankungen sind nicht mit einer HIV-Infektion assoziiert, allerdings würden sich bei Vorliegen einer untherapierten HIV-Infektion deutliche Nachteile in der Behandlung ergeben. Hierzu gehören alle Konditionen, die eine immunsuppressive Therapie erfordern. Im Regelfall erfolgt hier der HIV-Test vor Einleiten einer entsprechenden Therapie in den spezialisierten Indikationsbereichen, wie z.B. in der Onkologie.
Folgende Tabellen geben einen Überblick über die Indikatorerkrankungen und Leitsymptome.
(Quelle: Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK). HIV/AIDS, Hepatitis B und C in Österreich. 2019)
Prognose mit HIV und späte Diagnosen
Mit Einführung und kontinuierlicher Weiterentwicklung der antiretroviralen Therapie ist die Lebenserwartung und Lebensqualität HIV-positiver Patient*innen stetig gestiegen. Allgemein gilt: bei frühzeitig begonnener und effektiver HIV-Therapie ist die statistische Lebenserwartung von Menschen mit HIV mit der durchschnittlichen Lebenserwartung der Allgemeinbevölkerung zu vergleichen.
Die statistische Lebenserwartung sinkt in Abhängigkeit anderer Faktoren, wie z.B. Drogen- und Alkoholabusus oder HIV-Risikofaktoren wie hohe Viruslast und niedrige CD4 Zellzahl. (Obel et al; 2011) Folgende Abbildungen zeigen ebenfalls den Anstieg der Überlebensrate seit Implementierung und Entwicklung der ART bis 2005, sowie den Zusammenhang mit anderen Faktoren: Pdf = Lebenserwartung
Einen großen Beitrag zur positiven Veränderung von Lebenserwartung und Langzeitprognose hatten essentielle Adaptierungen der Therapiestrategie im Laufe der Zeit. Zwei Studien stehen hier als Meilensteine in der Therapie im Vordergrund.
SMART Study zeigt: keine Therapiepausen
Episodisch eingesetzte ART zeigt keine Risikominimierung für unerwünschte Ereignisse (adverse events) in Zusammenhang mit Einnahme der ART. Umgekehrt führen Therapiepausen jedoch ein signifikant erhöhtes Risiko für opportunistische Erkrankungen und Komorbiditäten (z.B. kardiovaskulär), wie die SMART Studie eindrucksvoll zeigte. Therapiepausen als Therapiekonzept sind seit dieser Studie nicht mehr indiziert und nur in Ausnahmefällen kontrolliert durchzuführen.
Unter folgendem Link finden Sie die SMART Studie.
START Study zeigt: früher Therapiebeginn
Die 2015 veröffentlichte START-Studie (START = Strategic Timing of AntiRetroviral Treatment) hatte eindeutig nachgewiesen, dass ein früherer Therapiestart einen signifikanten Vorteil bringt. In diese Studie wurden knapp 4.700 HIV-positive Personen inkludiert, die noch keine HIV-Therapie einnahmen und deren CD4-Zellzahl über 500/μl lag. Die Hälfte der Teilnehmer*innen begann sofort mit einer HIV-Therapie, die andere Hälfte startete, nachdem die CD4-Zellzahl auf ≤ 350/μl gesunken war. Ein Zuwarten mit der Therapie bis zu diesem Schwellenwert war zum damaligen Zeitpunkt anerkannt und auch mit internationalen Behandlungsleitlinien konform. In der Studie wurden dann nicht nur Todesfälle und AIDS-definierende Erkrankungen erfasst, sondern auch andere Ereignisse, wie z.B. Herzkreislauferkrankungen, Krebsdiagnosen oder Beeinträchtigungen von Niere und Leber.
Der deutlich sichtbare Vorteil des früheren Therapiebeginns war so beeindruckend, dass die Studie vor dem geplanten Ende abgebrochen wurde, um allen Teilnehmer*innen eine Therapie anzubieten. Inzwischen haben sich die Behandlungsrichtlinien verändert und der Beginn einer HIV-Therapie ist zum ehestmöglichen Zeitpunkt, ganz unabhängig vom Immunstatus, empfohlen. Die START-Studie lieferte die wissenschaftlich fundierte Basis, dass Menschen von einem früheren Therapieeinsatz massiv profitieren.
Unter folgendem Link finden Sie die START Studie.
Späte Diagnosen
Ein später Therapiebeginn bringt eine signifikant ungünstigere Prognose für die Menschen mit HIV mit sich. Diese multifaktorielle Problematik wird unter dem Begriff der „Späten Diagnosen“ (oft auch „late presenter“) zusammengefasst. Gemeint ist die Situation von Personen, die ihre HIV-Diagnose erst dann erhalten, wenn das Immunsystem in Folge der unbehandelten Infektion bereits stark beeinträchtigt ist.
Nach einer internationalen Konsensus-Definition (Antinori et al; 2011) werden späte Diagnosen in zwei Gruppen eingeteilt:
Je später eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, desto weniger können die betroffenen Menschen von der HIV-Therapie profitieren. Natürlich stehen auch hier ausgezeichnete Therapieoptionen zu Verfügung, es kann die Viruslast gesenkt werden und der Immunstatus kann sich zu einem gewissen Grad regenerieren. Doch bereits entstandene Schädigungen, eine lange Zeit der ungebremsten Virusreplikation und chronischen Immunaktivierung sowie ein niedriger CD4-Nadir (der niedrigste jemals erreichte Wert) beeinflussten trotz Therapie die Langzeitprognose signifikant negativ.
Der zweite zu beachtende Aspekt ist, dass bei spätem Start einer Therapie der Benefit der nicht-Übertragbarkeit unter der Nachweisgrenze erst dementsprechend spät zum Tragen kommt. Späte Diagnosen haben somit auch einen epidemiologischen Effekt.
Späte Diagnosen sind ein internationales Problem
Die Statistiken zeigen klar auf, dass es sich um ein nicht zu unterschätzendes Problem handelt. Europaweit wurden laut ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) im Jahr 2022 mehr als 111.000 neue HIV-Diagnosen gestellt, etwa 80% davon im osteuropäischen Raum. Bei 50,6% der Menschen, die 2022 die HIV-Diagnose erhielten (und von denen Informationen zur CD4-Zellzahl vorlagen), erfolgte die Diagnose spät und lag die CD4-Zellzahl unter 350 Zellen/µl. Bei 29,7% lag sie unter 200 Zellen/µl. (ECDC; 2023)
In der österreichischen HIV-Kohorte, in welche die großen HIV-Schwerpunktspitäler des Landes eingegliedert sind, werden ebenfalls diesbezügliche Angaben zu HIV-Neudiagnosen analysiert. Von den ca. 7110 Neudiagnosen, die zwischen 2001 und 2023 gestellt wurden, handelte es sich in 42,4% der Fälle um eine späte Diagnose. (Zangerle et al; 2023)
letztes Update der Seite: 08/2024
Österreichische AIDS Gesellschaft · info@aidsgesellschaft.at
© Österreichische AIDS Gesellschaft 2012 – 2024